Im ersten Stock des Kleintierhauses auf dem Gelände des Münchner Tierheims zwitschert, pfeift und trällert es gewaltig: Hier und in den Außentrakten gegenüber wohnen derzeit über hundert unserer gefiederten Freunde, die BesucherInnen zu Unrecht oft links liegen lassen

An unseren Besuchstagen Mittwoch und Samstag können Tierfreunde und -freundinnen am Nachmittag selbständig das Gelände erkunden und bei den Hunden und Katzen herrscht immer reges Treiben. Auch die Kaninchen im Erdgeschoss des Kleintierhauses stoßen auf Interesse; doch an den Vogelvolieren schlendern die meisten nur vorbei. Für die diversen Sittiche, Prachtfinken und Papageien können sich nur wenige erwärmen.

„Sehr spannend und abwechslungsreich“ findet dagegen Sophia, die seit 2021 im Tierheim München die Gefiederten betreut, die Arbeit in der Vogelabteilung. Nach ihrer Ausbildung zur Tierpflegerin in der Vogelklinik war sie den Piepmätzen verfallen und hat auch nach dem Job noch nicht die Nase voll: Zu Hause warten acht Nymphensittiche und scherzhaft spricht sie von ihrer Wohnung als einer Vogel-WG, die sie netterweise als Mitbewohnerin akzeptiert hat.

Und was ist nun so spannend an den Tieren? „Vögel brauchen viel Beschäftigung und Training, vor allem Papageien langweilen sich schnell und verfallen dann in unerwünschte Verhaltensweisen wie krankhaftes Rupfen oder stundenlanges Kreischen. Sie lieben es, neue Dinge zu erkunden und sind sogar intelligenter als Hunde.“, so Sophia.

Die Haltung von Papageien ist also durchaus anspruchsvoll und für AnfängerInnen nicht unbedingt geeignet, zumal größere Arten viel Platzbedarf haben, Freiflug benötigen und ein stattliches Alter von 60 bis 80 Jahren erreichen können. Da will die Anschaffung wohlüberlegt sein. EinsteigerInnen sollten lieber mit kleineren, weniger langlebigen Arten wie Zebrafinken, Wellen- oder Nymphensittichen starten und sich an größere Tiere dann herantasten.

Die Vielfalt in der Ziervogelwelt ist umwerfend. Allein im Tierheim sitzen Stand Juli 2024 neben den allseits bekannten Wellensittichen und Kanarienvögeln derzeit auch Gouldamadinen, Kapuzenzeisige, Kubafinken, Halsband- und Rosellasittiche, Senegalpapageien und seit vielen Jahren der missverstandene Gelbhaubenkakadu Udo Müller, der, wie so viele Großpapageien, eine traurige Geschichte mitbringt.

Kakadus sind sehr soziale Tiere, leben in der Natur in Schwärmen und binden sich stark an einen Partner. Udo hatte leider bisher wenig Glück in der Liebe. Seit er im Juni 2018 ins Tierheim kam, war die Richtige einfach nicht dabei. Seine ehemalige Partnerin war eine Handaufzucht und konnte daher seine Annäherungsversuche nicht richtig deuten. Der unglücklich verliebte Udo geriet schließlich so in Rage, dass die Lady ausziehen musste. Danach trauerte er viele Monate um seine Verflossene. Doch getreu der Weisheit „für jeden Topf gibt es irgendwo einen Deckel“ geben wir die Hoffnung nicht auf. 1988 wurde er in seinem natürlichen Lebensraum in Indonesien rücksichtslos eingefangen und ohne Papiere nach Deutschland gebracht. Kann man es ihm verdenken, dass er fremde Menschen bis heute nicht so prickelnd findet? Bei seinen Bezugspersonen ist er aufgeschlossen und neugierig.

Leider ist Udos Geschichte nur stellvertretend für diverse Fehler, die in der Vogelhaltung gemacht werden. Viele Arten sind Schwarmtiere und brauchen mindestens einen gegengeschlechtlichen Partner, an den sie sich binden können. Einzelhaltungen sind absolut tabu, und auch wenn es früher gängige Praxis war, Papageien alleine zu halten, „damit sie sich enger an ihre menschlichen BesitzerInnen anschließen“, ist das schlicht Tierquälerei. Auch Pärchen werden bei entsprechender Beschäftigung zahm und sind auf Interaktion mit den Menschen angewiesen.

Neben Selbstverständlichkeiten wie täglich frischem, artgerechten Futter und Wasser sollte für die Vögel auch Spaß auf dem Programm stehen. Dabei muss man nicht auf teure Produkte aus dem Fachhandel setzen, viele Spielzeuge kann man billig selbst aus Pappkartons und Klopapierrollen basteln.

Auch das beliebte Sprechtraining ist eine Möglichkeit, sich mit seinem Vogel zu beschäftigen. Aber immer darauf achten, dass der Mensch nicht wichtiger wird als das vorhandene Partnertier! Denn Fehlprägungen schaden nicht nur dem Vogel, sondern können durch Eifersuchtsattacken auch für die BesitzerInnen unangenehm werden. Bei Verlust „ihres“ Menschen trauern Papageien teils monatelang; eine Neuanschaffung muss man sich also wirklich gut überlegen!

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